Mit dem Ausbau des Breitbandnetzes in der Bundesrepublik Deutschland, den mittlerweile breit verfügbaren WLAN-Netzen und der hohen Marktdurchdringung von Mobilgeräten sieht sich die Medienlandschaft einem Paradigmenwechsel gegenüber. Die Verbreitung von Inhalten erfolgt nicht nur über Antenne, sondern auch über das Internet. Aufgrund der Vielzahl von Anbietern, die hier Filme, Serien etc. vorhalten, erwächst den tradierten öffentlich-rechtlichen, aber auch den privaten Medienunternehmen große Konkurrenz aufgrund der Vielzahl von Anbietern, die Filme, Serien etc. im World Wide Web vorhalten. Doch ist damit das Ende der Sender mit linearem Programm gekommen?

Video on Demand braucht kostenloses WLAN

Andreas Stumptner, Chefredakteur des Home-Entertainment-Testmagazins video sagt dazu: „Die Frage, ob lineares TV bald vom Markt verschwunden sein und durch Video on Demand ersetzt wird, lässt sich pauschal nicht beantworten. Lineares TV ist und bleibt der Taktgeber. Video on Demand ist eine andere Darreichungsform von Medieninhalten.“
Dieses Angebot wird von Konsumenten gerne angenommen. Gleichzeitig erzeugt das aber auch entsprechende Erwartungshaltung: Der Zuschauer will nicht mehr warten, dass seine Lieblingsserie an einem bestimmten Wochentag ausgestrahlt wird. VoD bietet ihm die Chance, sich gezielt hinzusetzen und mehrere Teile an einem Stück anzusehen – und zwar unabhängig vom Fernsehprogramm.

Andreas StumptnerLaut Stumptner hängt der Erfolg von Video on Demand (VoD) in Zukunft davon ab, in welchem Maß kostenlose Wi-Fi-Netze verfügbar sein werden, die die Inhalte entsprechend streamen können. Dazu gehöre aber auch, dass Filme responsiv skalieren und somit unabhängig von der Bildschirmdiagonale des Mobilgeräts dargestellt werden. In der Regel springen nämlich jüngere Nutzer bereits nach drei Sekunden ab, wenn das Video nicht sofort lädt oder im schlimmsten Fall verzerrt gezeigt wird. Dabei gelte, dass der Preis, den die VoD-Plattformen für ihr Angebot verlangen, die Sehdauer beeinflusst. Der User wägt nämlich sehr genau Kosten und Nutzen ab und entscheidet dann, ob er sich für einen bestimmten Anbieter entscheidet.

Lineares TV wird aber nicht vom Markt verschwinden, ist Andreas Stumptner überzeugt. Das läge zum einen daran, dass das TV-Gerät im Wohnzimmer immer noch ein gerne gezeigtes Prestigeobjekt ist – insbesondere dann, wenn es eine entsprechende Bildschirmdiagonale hat und sich auf dem neuesten Stand der Technik befindet. Daneben sei Deutschland ein „Fernsehvolk“: Der Sendeplatz 20.15 Uhr ist gesetzt und im Gedächtnis von Generationen verankert. Was hier angeboten wird, wird in der Regel auch angesehen.

TV und Kino sorgen für Community-Building

„Ein gutes Beispiel hierfür ist der ‚Tatort‘, so Andreas Stumptner weiter. „Zwar werden die einzelnen Teile der Krimireihe auch in der Videothek angeboten, dennoch versammeln sich die Fans jeden Sonntag vor dem Fernseher. Lineares TV schafft auf diese Weise Events und bildet Communities.“

Gleiches sei auch beim Kino festzustellen. Zwar seien die Besucherzahlen gesunken. Dennoch wird es immer wieder Menschen geben, die gezielt dorthin gehen, um einen Film auf einer richtig großen Leinwand anzusehen, Popcorn zu genießen und dieses Erlebnis mit der Familie oder Freunden teilen wollen. Daneben gibt es die Menschen, die die neuesten Kinofilme zum offiziellen Start lieber auf dem heimischen Sofa über das Smartphone oder ein Tablet ansehen wollen. Andreas Stumptner: „Meiner Meinung nach wird Video on Demand das lineare TV nicht verdrängen oder ersetzen. Beides wird sich in Zukunft sinnhaft ergänzen und dem Nutzer damit die Möglichkeit eröffnen, seine Sendungen wann, wo und so lange er will, zu sehen.“

TV dient der Entspannung

Timm Stemann - Concon InternationalTimm Stemann, CEO von Concon International ergänzt: „Eine große Rolle spielt der Entspannungsfaktor. Beispielsweise möchte sich der Zuschauer nach einem langen Arbeitstag nur noch auf sein Sofa setzen, den Fernseher oder sein Tablet anschalten und genießen. Für ihn ist es wichtig, dass er sich möglichst wenig Gedanken darum machen muss, wo gerade seine Lieblingssendung oder sein Film läuft. Daher haben wir unsere App Watchnow entwickelt, womit er eine einzige Lösung zur Hand hat, die ihm auf einen Blick zeigt, wo seine Lieblingssendung oder sein Film läuft. Und zwar unabhängig davon, ob diese gerade im linearen TV oder als VoD laufen.“

Im Allgemeinen sei für den Nutzer der Ursprung der Medieninhalte erst einmal zweitrangig, so Stemann weiter. Es spiele keine Rolle, ob diese von einem klassischen TV-Sender ausgestrahlt werden oder über das Internet gestreamt werden. „Entscheidend ist allein die Qualität der Darstellung! Und hier bestehen gewaltige Unterschiede: Die klassischen TV-Sender können auf eine sehr gut ausgebaute Infrastruktur zurückgreifen, die es ihnen ermöglicht, ihre Inhalte hochaufgelöst und verlustfrei zu übertragen. Es werden sogar erweiterte Ressourcen von Satelliten hinzugebucht, um die nötigen Bandbreiten z.B. für hochauflösende 4K-UHD-Übertragungen gewährleisten zu können. Diesen Vorteil hat das Internet nicht – das Web ist immer nur so schnell, wie es die Verkabelung im Boden sowie die gebuchte Bandbreite des Endnutzers zulässt. Deswegen müssen bei der Übertragung Kompromisse eingegangen werden. Das führt dazu, dass der User teilweise Inhalte in High Definition als besser als 4K / UHD bewertet, was daran liegt, dass der Sender die Kompressionsverfahren zu hoch wählen muss, um Bandbreite zu sparen.“

VOD-Inhalte müssen nahtlos skalieren

Transvendo„Ferner müssten sich VoD-Inhalte flexibel an die entsprechenden Endgeräte und Gegebenheiten anpassen lassen, damit Filme oder Videos von einem kleinen Smartphone bis zu einem großen Flatscreen anhand der Bildschirmdiagonale nahtlos skalieren. Das allein reicht jedoch noch nicht aus. Um Bewegungsunschärfe während der Medienwiedergabe zu vermeiden, muss die Bitrate des Videos mittels adaptivem Streamings an die sich ändernden Netzwerkbedingungen angepasst werden, was im Umkehrschluss dazu führen kann, dass die Bilder plötzlich grobkörniger aussehen.“

Timm Stemann fasst zusammen: „Durch die sich stetig weiter entwickelnde Technik werden Bewegtbildinhalte in immer höherer Auflösung und besserer Qualität hergestellt. Im Vergleich zu Filmen in HD entsteht bei der Produktion eines Filmes in 4K-UHD-Auflösung theoretisch eine bis zu vier Mal höhere Datenmenge. Daher wird mit mehr oder minder großem Erfolg versucht, diese große Menge an Informationen unter Zuhilfenahme von bestimmten Codierungsverfahren zu komprimieren. Doch prinzipiell müssen selbst komprimierte 4K-UHD-Inhalte mittels entsprechender Sendeinfrastruktur an die Zuschauer übermittelt werden. Sollte dann der Internetprovider die Bandbreiten nicht zur Verfügung stellen können oder wollen, muss der Zuschauer mit Verlusten in der Bildqualität rechnen. Das passiert beim linearen TV nicht. Deswegen werden sich klassisches Fernsehen und Video on Demand auch in Zukunft ergänzen.“